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VERKAUFEN, VERSCHENKEN ODER VERERBEN – WAS IST DIE BESTE LÖSUNG?

 

NIE WURDE IN DEUTSCHLAND SO VIEL VERMÖGEN VERERBT WIE HEUTE. JÄHRLICH WERDEN ETWA 400 MILLIARDEN EURO VERERBT, FAST DIE HÄLFTE DAVON IN FORM VON IMMOBILIEN. ABER WAS IST DENN NUN GESCHICKTER, EINE ZU VERSCHENKEN, ZU VERERBEN ODER DOCH ZU VERKAUFEN? DER BOCHUMER STEUERBERATER CHRISTOPHER JACOBY ÜBERLEGT NICHT LANGE. "GRUNDSÄTZLICH IST ES FALSCH, AUF DEN TOD ZU WARTEN".

Was würden Sie unseren Lesern empfehlen, sollte man Immobilien besser verschenken, vererben oder die Immobilie noch zu Lebzeiten verkaufen?

*Grundsätzlich ist es falsch, auf den Tod zu warten. Es gibt selbstverständlich auch Ausnahmen. Bei der Übertragung von selbstgenutzten Wohnimmobilien kann dieses Szenario tatsächlich sinnvoll sein, wenn es so gewollt und geplant ist. Allerdings ist das Thema der Schenkungen bzw. der Erbfolge offenbar für viele Leute ein unangenehmes Thema. Wenn mehrere Nachkommen im Spiel sind möchte man eventuell Streit in der Familie vermeiden und mit dem eigenen Tod beschäftigt man sich tatsächlich nur ungerne. Statistiken zeigen, dass 2/3 der deutschen Bevölkerung kein Testament niedergeschrieben haben.

Dabei ist es wichtig, sich auch frühzeitig mit dem Thema Schenkung und Nachfolgeregelung auseinander zu setzen, da der Gesetzgeber Freibeträge festgelegt hat, die sich alle 10 Jahre erneuern. *

Wenn es natürlich niemanden gibt, dem man eine Immobilie übertragen möchte, kann man diese selbstverständlich auch verkaufen. Jedoch zeigt sich anhand der aktuellen Marktlage, dass das eigene Heim für viele von uns ein sehnlicher Wunsch ist und er sich leider für viele auch, aufgrund der hohen Preise bzw. Zinsen am Markt, zumindest aktuell nicht erfüllen wird.

Die eine allumfassende Generallösung gibt es jedoch nicht, dafür ist das Steuerrecht in Deutschland zu komplex und natürlich sind auch immer die Verhältnisse und die Vorstellungen der beteiligten Parteien entscheidend.

Okay, dann machen wir es etwas konkreter. Was sollte man als Eigentümer eines Einfamilienhauses in guter Lage von Bochum tun?

Man sollte sich bei einer geplanten unentgeltlichen Übertragung informieren, zu welchen Beträgen vergleichbare Immobilien am Markt gehandelt werden. Das ist nämlich auch die Vorgehensweise, wie das Finanzamt zunächst einmal versucht, das Objekt erbschaft-/ schenkungsteuerrechtlich einzuordnen. Bei der Stadt Bochum kann man beispielsweise einen Antrag auf Auskunft aus der behördlichen Kaufpreissammlung stellen. So kann man direkt feststellen, welchen Wert in etwa meine Immobilie hat und viel gezielter planen, ob und in welcher Höhe Steuern für die unentgeltliche Übertragung anfallen

Nun hat sich ja das Steuerrecht in diesem Jahr geändert indem die Bewertungsrichtlinien für Immobilien angepasst wurden. Welche Auswirkungen hat das?

Tatsächlich wurden kurz vor Jahresende relativ unscheinbar einige Änderungen im Bewertungsgesetz für Immobilien vorgenommen, die mitunter gravierende Auswirkungen auf die Höhe des Immobilienwertes haben. So wurde im Ertragswertverfahren, welches z.B. bei der Bewertung von Mietwohngrundstücken Anwendung findet, unter anderem der sogenannte Liegenschaftszinssatz, mit dem die in der Zukunft liegenden Mieterträge abgezinst werden, von 5,0 % auf 3,5 % abgesenkt. Klingt harmlos, macht in der Bewertung aber mal eben eine Differenz von 30 % aus! Zudem wurde, wie eingangs bereits beschrieben, die Nutzungsdauer für Immobilien von 70 auf 80 Jahren erhöht. Diese fand bisher Berücksichtigung durch einen Altersabschlag auf die Immobilie und wurde von der ermittelten Jahresnettomiete abgezogen. Neu ist nunmehr allerdings, dass es pauschalierte Instandhaltungs- und Bewirtschaftungskosten gibt, die anhand des sog. Verbraucherpreisindex angepasst werden. Stiegen somit bisher die Abschläge prozentual zur Jahresmiete, kann es durch diese neuen Pauschalen weitere Erhöhungen in der Bewertung geben, da die Abschläge nicht mehr automatisch prozentual mit etwaigen Mieterhöhungen ansteigen.

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Erste Prognosen zeigen, dass Steigerungen in der Bewertung von Mietwohngrundstücken um bis zu 40 % keine Seltenheit sind. Auch im sog. Sachwertverfahren, das u.A. für Ein- und Zweifamilienhäuser Anwendung findet, wurden Änderungen vorgenommen. So wurde unter Anderem der sog. Regionalfaktor, der auch eingangs erwähnt wurde, in die Bewertung mit eingefügt. Dieser vergleicht die regionalen Baukosten mit dem bundesweiten Durchschnitt und führt je nach Region zu einer Erhöhung (bei einem Faktor von über 1,0) oder auch zu einer Senkung (unter 1,0) in der Bewertung der Immobilie. Da in den letzten Jahren die Baukosten angestiegen sind in unserer Region, ist damit einhergehend auch der Regionalfaktor angehoben worden. 2019 lag der Faktor noch bei 0,9 hier in Bochum. Eine weitere versteckte Bewertungsproblematik für Ein- und Zweifamilienhäuser, die allerdings nicht neu ist, ist der sog. Baupreisindex, quasi eine Inflationsanpassung. Alleine von 2021 bis 2023 stieg der Index für Einfamilienhäuser von 129 auf einen Wert von 164. Das entspricht einer Steigerung von 27 %.

Diese ganzen Erhöhungen, einhergehend damit, dass die Freibeträge nicht angepasst wurden, werden zu einer deutlichen Erhöhung der schenkung- bzw. erbschaftsteuerlichen Belastung führen.

Gibt es denn Möglichkeiten die Bewertung im Nachhinein anzufechten?

Es gibt die Möglichkeit, über ein Gutachten einen niedrigeren Wert nachzuweisen. Der Gutachter muss über gewisse gesetzlich vorgeschriebene Qualifikationen verfügen und wird natürlich auch entsprechend seinen Preis haben. Zudem müssen Sie sich darauf einstellen, dass es zu Streit mit der Finanzverwaltung kommen kann, da ein Gutachter bei der Wertermittlung immer gewisse Bewertungsspielräume hat. Trotzdem sollte man sich intensiv damit auseinandersetzen, da ein Gutachter eventuell zu einem deutlich geringeren Wert für Ihre Immobilie kommen kann als nach der gesetzlichen Bewertung.

Welche Lösung können Sie empfehlen, wenn das Immobilienvermögen umfassender ist und zum Beispiel aus mehreren Mietshäusern besteht?

Grundsätzlich sollte man darüber nachdenken, seinen Nachwuchs bzw. potentiellen Erben frühzeitig einzubinden. Werden die Immobilien beispielsweise fremdfinanziert und der Nachfolger direkt zu Beginn auch an den Schulden beteiligt, mindern diese die Höhe der Schenkungsteuer. Selbstverständlich gilt beim Gedanken der frühzeitigen Übertragung auch wieder die Besonderheit der steuerlichen Freibeträge, welche sich alle 10 Jahre erneuern.

Eine weit verbreitete Lösung ist ja auch die vollständige Schenkung und den Einbehalt des sogenannten Nießbrauchrechts. Wie stehen Sie dazu?

Grundsätzlich ist es tatsächlich ein beliebtes Mittel, um die Schenkungsteuer zu mindern. Es ist natürlich ein zweiseitiges Schwert. Steuerlich eine elegante Lösung, der materielle Wert des Nießbrauches mindert wie gesagt die Steuerlast. Auf der anderen Seite muss sich der Beschenkte darüber im Klaren sein, dass damit zwar das Eigentum auf Ihn übergegangen ist, etwaige Erträge sowie das faktische Nutzungsrecht verbleiben jedoch beim Schenker. Letztendlich kommt es immer darauf an, wie die persönlichen Verhältnisse und auch die Wünsche der Beteiligten sind.

Christopher Jacoby ist seit 2020 als Steuerberater zugelassen und spezialisiert im Bereich der Immobilienwirtschaft. Von seiner Kanzlei in Bochum Stiepel aus berät er seine Mandanten persönlich, direkt und vollumfänglich in steuerlichen Angelegenheiten bei Ihren täglichen Herausforderungen. Mehr Infos finden Sie hier: https://steuerberater-jacoby.de

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Christopher Jacoby, Foto: Fotojob Philipp